Farbklecks

Justus' Geburt

Es geht los.

mit Baby in der Stadt

Der 20. Juni 2007 begann schon mit leichten Wehen, die aber weder regelmäßig noch unaushaltbar waren. Und nachdem ich schon Wochen vorher mit solchen und viel besseren Wehen zu tun gehabt hatte, fand ich das auch nicht bedenklich oder besonders erfolgsversprechend. Im Gegenteil, ich malte mir meinen Horror aus: Eine ET-Überschreitung und eine Geburt an meinem Geburtstag. Und bis dahin noch viele schöne und zu schwache Wehen. Haha. Ich hatte seit ein paar Tagen einen ziemlich schmerzhaften Beckendruck und wir waren einfach nur sooo geburtsbereit, mein Baby und ich.

Trotzdem war ich ziemlich fleißig. Nachdem ich Sara in den Kindergarten gebracht hatte, hab ich ganz viel Wäsche gewaschen und nach draußen gehängt. Der Tag war ganz wunderbar warm und sonnig und die Wäsche trocknete schnell in der Sonne und dem warmen Wind.
So kurz nach 9 Uhr merkte ich, daß meine Wehen regelmäßiger wurden. Erst im Abstand von 20 Minuten. Das war mir erst gar nicht aufgefallen, aber dann plötzlich, weil ich zufällig bei zwei Wehen auf die Uhr geschaut hatte. Wow, wie toll!! Sie wurden sogar etwas stärker! Jede Wehe hatte ein kleines bißchen mehr Druck. Tatsächlich!
Ich wollte mir keine Hoffnungen machen, machte sie mir aber natürlich doch. Der Abstand war dann kurz nach 10 Uhr bei 5 Minuten. Aber die Stärke war noch nicht gut genug für eine Geburt. Toll war diese Regelmäßigkeit aber schon: Ich konnte richtig damit arbeiten. 5 Minuten zum Wäsche abhängen, verwehen, wieder reingehen und ablegen, verwehen. Super! Wie aus nem Lehrbuch! Jens schlief noch und ich ließ ihn auch schlafen. Ich wehte ganz begeistert vor mich hin.

Gegen Mittag war der Abstand aber wieder bei 20 Minuten. Die Stärke hatte auch nachgelassen. Jens holte Sara ab, ich sortierte Musik, sortierte Wäsche, räumte etwas auf und blieb schließlich einfach auf meinem Bett in der Sonne liegen und wußte ziemlich sicher, daß unser Baby in den nächsten Stunden geboren werden würde, obwohl ich kaum noch Wehen hatte. Und diesmal wollte ganz definitiv noch ganz lange zu Hause bleiben.

Um 19 Uhr hatte ich Wehen in 2 Minuten-Abständen. Kurze Wehen zwar, aber ziemlich gute. Ich hatte Angst, daß sie wieder weggehen würden und wollte so langsam zum KH laufen. Sara durfte heute bei ihrer Freundin übernachten.

Ich war ziemlich gut drauf trotz der Wehen.
Und ich wollte unbedingt diesen Sommerspaziergang zum Krankenhaus machen, weil ich mich überhaupt nicht krank fühlte, sondern voller Energie.
Wir gingen so gegen 19:30 Uhr wohl los und waren dann irgendwann kurz nach 20 Uhr im KH. Unterwegs waren die Abstände zwischen 2 und 4 Minuten. Das ging schon, aber ich mußte sie teilweise echt schon veratmen.
Unterwegs trafen wir trafen noch eine Kommilitonin, die mich fragte, was ich denn zur Zeit so mache und ich sagt: "Ich krieg gleich mein Baby." Sie bekam den Mund gar nicht wieder zu.

Vorwehenzimmer

Im KH wurde erstmal eine Urinprobe verlangt und dann kam ich natürlich ans CTG. Wie sich das so gehört. CTGs und meine Wehen vertragen sich nicht. Die Hügelchen wurden immer kleiner. *seufz* Aber immerhin waren sie noch da.

Entspannungsbad

Kaum nahm die Hebamme das CTG ab, hatte ich wieder eine echt heftige Wehe, mit der Schleim und Blut abging. Hui. Sie untersuchte mich und meinte, der Muttermund sei bei 4 cm. Das sei für eine Zweitgebärende jetzt schon ganz gut. Es würde zwar schon noch etwas dauern, aber keine 24 Stunden mehr. Wir besprachen, wie ich mir die Geburt vorstellte und da ich eine Wassergeburt wollte, sollte ich erstmal probieren, wie es mir in der Wanne so ginge. Sie ließ mir also ein Entspannungsbad ein. Es dauerte etwa 30 Minuten bis das Wasser eingelaufen war. Wir spazierten in der Zeit ein bißchen durchs Krankenhaus und den Krankenhausgarten. Danach nahm ich mein Entspannungsbad und merkte, daß die Wehen echt besser zu ertragen waren, wenn sie auch nicht nachließen. Die Babyherztöne wurden überprüft und waren toll. Und mir gings auch recht gut zwischen den Wehen.

Kreißsaal

CTG

Nach vielleicht 35 Minuten im Wasser (kurz vor 22 Uhr) waren die Wehen unerträglich geworden und ich sollte in den Kreißsaal. Wieder CTG (viel bessere Wellenberge). Anschließend wieder Untersuchung (Muttermund: 8 cm) "Wollen Sie immer noch in die Gebärwanne?" – "Ja, klar!" – "Gut, es dauert ein bißchen, bis das Wasser eingelassen ist. Ich hoffe, wir schaffen das noch." Na, das klang ja nicht besonders optimistisch...

Während das Wasser einlief, lag ich da mit den genialen Wehenbergen und konnte immer schon am CTG ablesen, wie hoch die Berge wohl werden würden. Wir waren von meinen visualisierten Wehen sehr begeistert und steckten uns gegenseitig auch immer wieder ein bißchen an mit unserer Begeisterung. Am CTG fand ich die Wehen auch irgendwie immer gut, schmerzhaft zwar, aber jede war ein kleines Erfolgserlebnis.

Aber richtig schön war es trotzdem nicht: Meine Beine taten weh, meine Oberschenkel, mein Rücken. Ich wollte ein dunkles Zimmer haben und bekam es auch. Und mir war schlecht. Und alles doof. Ich hatte Durst und konnte nicht trinken, weil die Wehenpausen zu kurz waren. Alles Mist.

Wassergeburt

Als das Wasser eingelassen war, wollten sie nochmal nach dem Muttermund gucken. Ich wollte das nicht. Ich hatte keine Nerven dafür. Also durfte ich gleich in die Wanne. Wohltat!

Die Wehen waren sanfter, obwohl sie noch immer sehr zogen und ich meine Beine kaum abstützen konnte, weil sie einfach so schmerzten. Die Hebamme erklärte mir, daß ich unbedingt mit dem Unterkörper unter Wasser bleiben mußte, damit das Baby vom Fruchtwasser ins Wasser rutscht und nicht zwischendurch an die Luft kommt. Das fand ich schwierig, weil ich mich eigentlich viel mehr bewegen wollte. Jens hielt meinen Kopf und meine Schultern und ich versuchte, mich irgendwie mit meinen Wehen zu arrangieren. Und dann sagte die Hebamme plötzlich: "Sie können jetzt pressen."
Waaaaaaaaaaaaaaas? Da war nichts zum Pressen und ich wußte auch gar nicht mehr, wie das nochmal ging. Ich hatte keine Ahnung von dem ganzen Zeug. Pressen? Wie? Womit? Wohin? Hä? Ich kannte das Preßgefühl von Sara, aber diesmal war da nur Beckendruck und Wehenschmerz. Und ich erinnerte mich plötzlich an den Schmerz, als das Köpfchen geboren wurde und hatte gleich nochmal keine Lust mehr zu pressen. Nein, Nein, NEIN! Die Wehen machten keine Pausen mehr. "Pressen." Pressen. Pressen. Nein. Doch. Nein. Äh. Ich schrie, weils so wehtat und weil ich das nicht konnte. Ich versuchte mein Glück so ohne Gefühl in der Wehe den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Es war unangenehm, weil es auf den Darm drückte und ich alles so gut fühlen konnte und keine Preßwehe mir half und mich ablenkte. Es war unangenehm, weil es wehtat. Weil es sich eklig anfühlte. Weil die Wehen mich nicht richtig ließen. Weil ich gar nicht wußte, was ich da tun sollte und tat.

Die Hebamme motivierte mich. Sie erzählte mir was vom Köpfchen und erklärte mir, wie ich pressen sollte. Und dann war der Darmdruck plötzlich weg und das Köpfchen fast draußen. Ich konnte nicht mehr. Die Hebamme half mir, Jens drückte mich und sagte irgendwas von unserem Baby und ich preßte nochmal und dann war der Kopf geboren. Ich stellte mir das irgendwie unangenehm vor für einen Menschen, so halb draußen zu sein, und preßte gleich noch den Körper mit. Er purzelte so aus mir heraus und das warme Fruchtwasser vermengte sich mit dem warmen Wasser und fühlte sich irgendwie gut an.

Es war 23:10 Uhr. Ich guckte sogar auf die Uhr. Wie toll. Ein 20.-Juni-Baby!
Die Hebamme reichte mir unseren Kleinen und sagte, ich sollte aufpassen, daß er nicht ins Wasser rutscht. Irgendwie konnte ich ihn kaum halten und ich sagte immer wieder ganz erstaunt: "Es ist ein Baby. Es ist ein Baby." Keine Ahnung, was ich wohl erwartet hatte.

Nach der Geburt

Justus

Der Arzt war irgendwann zwischendurch in den Raum gekommen und fragte mich, ob es ein Junge oder ein Mädchen sei. Ich spürte den Hoden und wollte trotzdem Mädchen sagen. Die Hebamme ließ das Wasser ab und dann kam die Nachgeburt ganz unkompliziert und ich merkte sie wirklich kaum. Sie sah sie sich an und duschte mich und unser Kleines dann schön warm ab. Ich fühlte mich gut. Eigentlich wollte ich diesmal die Nabelschnur selbst durchschneiden, aber dann merkte ich, daß mir das doch gar nicht wichtig war und sie war auch ziemlich hart, ich weiß gar nicht, ob ich das jetzt gleich geschafft hätte. Jens schnitt sie also durch und dann reichte ich ihm den Kleinen und der Arzt half mir aus der Wanne ins Bett. Unser Krümelchen wurde erst noch vermessen und gewickelt und kam dann auch gleich ins Bett, wurde gut zugedeckt und schmatzte und nuckelte an seinen Fäustchen, stopfte die Decke auch noch in den Mund und versuchte noch dazu meine Brust in den Mund zu bekommen. Ich sortierte ihm alles erstmal wieder raus und gab ihm meine Brust. So ein Profinuckelbaby!

Eine oder eineinhalb Stunden später bekam er ein Armbändchen und wurde angezogen. Ich sagte, daß wir jetzt gern nach Hause gehen würden. Die Hebamme fand es okay, aber der Arzt wurde ziemlich ärgerlich, daß wir das nicht früher gesagt hatten und jetzt müßte er noch den Bericht schreiben und die Blutergebnisse wären Nachts ja auch noch nicht da (ich bin ja rh-) und bla. Sehr freundlich war er nicht. Brachte uns sogar noch den Anmeldebogen, auf dem ich das nicht vermerkt hatte. Tz. Ich denke auch nicht, dass ich das vorher hätte wissen oder mitteilen müssen.

Dann durften wir ganz viele Papiere unterschreiben fürs Standesamt.

Ich sollte nochmal auf die Toilette, danach zogen wir uns an. Wir versprachen, wegen den Blutuntersuchungen nochmal anzurufen, liehen uns eine Babyschale vom KH aus, die Hebamme rief uns ein Taxi und wir fuhren nach Hause. Wir hatten beide sooooooooooo großen Hunger und haben uns erstmal TK-Pizza gemacht (die ich während der Schwangerschaft überhaupt gar nicht ertragen konnte).

Nach der Geburt tat es mir noch einige Wochen unter dem Schambein sehr weh. Ich schätze, weil ich das Pressen so hinausgezögert hatte. Das merk ich mir!